Carl Erdmann (1898–1945) – Unbeugsamer Historiker in Zeiten des Nationalsozialismus
Freitag, 17. November 2023
18:00 - 19:00 Uhr
Vortrag zum 125. Geburtstag eines „wiederentdeckten“ Blankenburgers von Prof. Reichert
Veranstaltungsort: Grauer Saal
Carl Erdmann, am 27. November 1898 in Estland geboren, zog nach dem Tod des Vaters mit seiner Mutter und den Geschwistern nach Blankenburg (Harz). Hier verbrachte er seine Jugend und Schulzeit bis zum Abitur am örtlichen Gymnasium. Nach seinem Studium forschte er u. a. in Portugal und Rom zur Geschichte der Kreuzzüge und zur Geschichte des Papsttums. In den folgenden Jahren widmete sich Erdmann einer akribischen Forschungstätigkeit, die im klaren Kontrast zum nationalsozialistischen Geschichtsverständnis stand. Besonders die von ihm angeregten Studien über Karl den Großen und die Grablege Heinrichs I. in Quedlinburg trugen dazu bei, historische Wahrheiten zu bewahren und gegen ideologische Verfälschungen anzukämpfen. Der Wille, für seine Überzeugungen einzustehen, bremsten seinen Karriereweg aus. Während des Bombenkrieges setzte sich Erdmann dafür ein, historische Dokumente vor der Zerstörung zu bewahren, wodurch ein unschätzbarer Schatz an Wissen erhalten blieb. Er verstarb er im März 1945 als einfacher Soldat in Zagreb.
Der Referent Prof. Dr. Folker Reichert studierte Geschichte, Germanistik und Latein in Würzburg und Heidelberg und war von 1994 bis 2012 Lehrstuhlinhaber für Mittlere Geschichte an der Universität Stuttgart. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen Asien und Europa im Mittelalter, Geschichte des Reisens und der Entdeckungen sowie die spätmittelalterliche Verfassungsgeschichte. 2022 veröffentlichte Reichert eine umfangreiche Biographie mit Briefband über das Leben und Werk Carl Erdmanns.
Die Veranstaltung ist kostenlos und für alle Interessierten zugänglich.